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So funktioniert ein Kernkraftwerk

Ein Kernkraftwerk produziert Strom aus Wärme. Es ist ein Wärmekraftwerk, wie es auch Kohle- oder Gaskraftwerke sind. Mit dem Unterschied, dass es bei der Wärmeproduktion weder Luftschadstoffe noch Treibhausgase erzeugt.

Mit der Energie, die bei der Spaltung von Atomkernen frei wird, wird wie in einem Dampfkochtopf unter hohem Druck Wasser aufgeheizt. Dabei entsteht heisser Dampf. Er wird auf die Turbinen geleitet, die zu rotieren beginnen und dadurch den mit ihnen verbundenen Generator antreiben. Im Generator beginnt Strom zu fliessen, der über das Stromnetz zu den Konsumenten gelangt.

Siedewasserreaktor Kernspaltung


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Quelle: kernenergie.ch

Der Generator des Kernkraftwerks Leibstadt

Hier wird Strom für eine Million Menschen produziert: Der Generator im Kernkraftwerk Leibstadt.

Nuklearer und konventioneller Teil

Ein Kernkraftwerk besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen: Im nuklearen Teil wird durch Kernspaltung Wärme erzeugt. Im konventionellen Teil wird die Wärme in elektrischen Strom umgewandelt. Der konventionelle Anlagenteil ist jenem in Kohle-, Gas- und Erdwärmekraftwerken sehr ähnlich. Dazu gehört bei einigen Kernkraftwerken auch der weithin sichtbare Kühlturm. Kühltürme sind keine Besonderheit von Kernkraftwerken, sondern werden auch in anderen Wärmekraftwerken eingesetzt.

Wärmeerzeugung im Nuklearteil

Im Nuklearteil befindet sich das Herzstück der Anlage, der Kernreaktor. Er besteht aus einem dickwandigen Reaktordruckbehälter aus Stahl und enthält die Brennelemente mit dem Kernbrennstoff. Hier läuft die Kernspaltung ab, bei der Wärme entsteht. Die Brennelemente bestehen aus Bündeln mehrerer Meter langer, dünner Brennstäbe. In diesen Brennstäben ist der Kernbrennstoff in Form kleiner, uranhaltiger Tabletten (auch Pellets genannt) luftdicht eingeschlossen.

Weltweit gibt es verschiedene Reaktorsysteme. Die meisten davon sind Leichtwasserreaktoren. Auch die vier aktiven Kernkraftwerke in der Schweiz – Beznau-1 und -2, Gösgen und Leibstadt – sind mit Leichtwasserreaktoren ausgerüstet.


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Leichtwasserreaktoren in der Schweiz


In den Leichtwasserreaktoren hat das Wasser zwei Aufgaben: Einerseits dient es als Kühlmittel und transportiert die Energie aus dem Reaktor hinaus zu den Dampfturbinen. Andererseits bremst es die bei der Kernspaltung frei werdenden Neutronen ab (elektrisch neutrale Bausteine des Atomkerns) und wirkt so als sogenannter Moderator. Nur wenn sie gebremst werden, können die Neutronen weitere Kernspaltungen auslösen (Kettenreaktion). Fehlt im Leichtwasserreaktor das Wasser, werden die Neutronen nicht mehr abgebremst und die Kettenreaktion hört auf. Es gibt zwei Varianten von Leichtwasserreaktoren: Druckwasserreaktoren und Siedewasserreaktoren. In der Schweiz sind beide Varianten vertreten.

Kernbrennstoff Uran

Der Kernbrennstoff Uran in der Form, wie er im Atomkraftwerk zum Einsatz kommt. Aus zwei solchen Uranoxid-Tabletten lässt sich soviel Strom erzeugen, wie ein 4-Personen-Haushalt in einem Jahr verbraucht. (Bild: KKG)

Montage eines Brennelementes

Ein Techniker montiert ein Brennelement. Die Urantabletten befinden sich in den einzelnen Brennstäben. (Bild: ANF)

Funktionsweise mit Siedewasserreaktor

Bei den Siedewasserreaktoren (in der Schweiz Leibstadt) wird der Dampf im Reaktordruckgefäss erzeugt und direkt zu den Turbinen geleitet. Anders als bei den Druckwasserreaktoren enthält der zu den Turbinen gelangende Dampf Spuren kurzlebiger radioaktiver Gase. Wenn der Reaktor abgestellt wird, klingt die Radioaktivität in wenigen Minuten ab.

Funktionsweise mit Druckwasserreaktor

Bei den Druckwasserreaktoren (Beznau-1, Beznau-2 und Gösgen) wird im Reaktor das Wasser unter hohem Druck erhitzt, ohne dass es zu sieden beginnt. Das erhitzte Wasser wird zu Dampferzeugern ausserhalb des Reaktors geleitet, wo es seine Wärme an einen weiteren Wasserkreislauf abgibt. Das Wasser im zweiten Kreislauf erhitzt sich und verdampft. Dieser Dampf treibt die Turbinen im konventionellen Teil des Kernkraftwerks an.

Stromproduktion im konventionellen Teil

Im Maschinenhaus des konventionellen Anlagenteils stehen die Dampfturbinen und die Generatoren. Der heisse Dampf aus dem Reaktor treibt die Turbinen an, die wiederum den Generator antreiben, der die Bewegungsenergie in Strom umwandelt – wie bei einem Fahrrad, wo der Dynamo den Strom für die Lampe erzeugt.

Kühlung der Dampfturbine

Damit die Dampfturbinen die Wärme des zugeführten Dampfes in eine mechanische Bewegung umwandeln können, müssen die Temperatur- und Druckunterschiede vor und nach der Turbine möglichst gross sein. Deshalb wird der Dampf nach dem Austritt aus der Turbine über einen zweiten Wasserkreislauf so weit abgekühlt, dass er wieder zu flüssigem Wasser kondensiert. Eine Pumpe befördert dieses Wasser aus dem Kondensator zurück in den Dampferzeuger (Druckwasserreaktor) bzw. in das Reaktordruckgefäss (Siedewasserreaktor). Dort wird es erneut aufgeheizt und gelangt als Dampf wieder zu den Turbinen.

Dampfturbinen

Überprüfung der Dampfturbinen während der Jahresrevision. (Bild: KKM)

Direkte Kühlung mit Flusswasser

Das Wasser für die Kühlung des Dampfs beim Turbinenaustritt entnehmen die Kernkraftwerke Beznau-1 und Beznau-2 der Aare und leiten es leicht erwärmt in den Fluss zurück. Verbindliche Grenzwerte schützen die Aare vor übermässiger Erwärmung. Dieser Wasserkreislauf ist vom Reaktor vollständig getrennt und enthält keine radioaktiven Stoffe.

Kühlung mit einem Kühlturm

In den Kernkraftwerken Gösgen und Leibstadt wird der Kondensator mit Wasser gekühlt, das in einem Kreislauf vom Kraftwerk zum Kühlturm und wieder zurück fliesst. Im Kühlturm wird das im Kraftwerk erwärmte Wasser versprüht. Dabei geben die herunterfallenden Wassertröpfchen ihre Wärme an den Luftzug im Kühlturm ab (Kamineffekt). Ein kleiner Teil des Wassers verdunstet und wird beim Austritt oben aus dem Turm als Nebelfahne sichtbar. Sie besteht also aus reinen Wassertröpfchen, die für die Umwelt unbedenklich sind. Der verdunstete Wasseranteil wird durch Wasser aus Aare (Gösgen) und Rhein (Leibstadt) ersetzt. Auch dieser Wasserkreislauf ist vom Reaktor vollständig getrennt und enthält keine radioaktiven Stoffe.

Kühlung mit Flusswasser

Direkte Flusswasserkühlung aus der Aare: Kernkraftwerk Beznau.

Kühlung mit Kühlturm

Der Kühlturm des Kernkraftwerks Leibstadt.

Einen solchen Kühlturm mit weit sichtbaren Nebelfahnen nennt man Naturzug-Nasskühlturm. Die warme Luft steigt im Turm nach oben. Durch die Verengung in der Mitte und seine grosse Höhe von 140 und mehr Metern entsteht ein starker Luftzug von unten nach oben, wie in einem Hauskamin: Die warme Luft entweicht nach oben, während von unten kältere Umgebungsluft nachströmt. Diese kalte Luft kühlt die fallenden Wassertröpfchen, ganz ohne Zufuhr zusätzlicher Energie.

Daneben gibt es auch Hybrid-Kühltürme. Sie sind wesentlich niedriger als ein Naturzug-Nasskühlturm und erzeugen praktisch keine Nebelfahnen, sodass sie das Landschaftsbild kaum beeinträchtigen. Hingegen benötigt ein Hybridkühlturm Ventilatoren, die für genügend Luftzug sorgen. Im deutschen Kernkraftwerk Neckarwestheim steht ein solcher Hybridkühlturm in Betrieb. Er benötigt rund 1,4 Prozent der Stromproduktion.

Zwei Kühlturmtypen im Vergleich

Der Naturzug-Nasskühlturm und der Hybrid-Kühlturm funktionieren unterschiedlich.

Geringe Höhe und Schwadenbildung

der Hybridkühlturm des Blocks II des Kernkraftwerks Neckarwestheim. (Bild: EnBW/Bernd Franck)

Der Wirkungsgrad ist nicht das Mass aller Dinge

In einem Kernkraftwerk der heutigen Generation wird ein Drittel der durch die Kernspaltung freigesetzten Wärme in Strom umgewandelt. Ein modernes Gas-und-Dampf-Kraftwerk (GuD) hat hingegen einen Wirkungsgrad von bis zu 58 Prozent. Der Unterschied ist physikalisch bedingt. Denn Kernkraftwerke werden mit einer Temperatur von rund 300 Grad betrieben, ein GuD hingegen mit Temperaturen von mehr als 1200 Grad. 

Der maximale Wirkungsgrad ist aufgrund physikalischer Gesetze beschränkt (Carnot-Faktor). Das heisst, mit steigender Temperatur steigt auch der maximale Wirkungsgrad. Kernkraftwerke einer zukünftigen vierten Generation, wie beispielsweise der Ultrahochtemperaturreaktor, könnten dank ihrer hohen Prozesstemperatur auf Wirkungsgrade von 70 Prozent kommen.

Doch entscheidend ist nicht der Wirkungsgrad der Turbine, sondern wie viel Energie von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Entsorgung der Abfälle aufgewendet werden muss, um eine Kilowattstunde Strom zu erhalten. Bei der Kernenergie ist der gesamte Energie-Input im Verhältnis zum Energie-Output sehr gering.

Zusatznutzen klimafreundliche Fernwärme

Der Wirkungsgrad der Kernkraftwerke kann durch die konsequente Nutzung der Abwärme verbessert werden. So versorgt das Kernkraftwerk Beznau über das Fernwärmenetz Refuna mehr als 2500 Anschlüsse in Industrie, Gewerbe, öffentlichen Bauten und Privathaushaltungen mit Wärme. Rund 4000 Haushaltungen mit knapp 15 000 Bewohnern profitieren von dieser rationellen, wirtschaftlichen, umweltfreundlichen und CO2-freien Wärmeversorgung.

Der für das Fernwärmesystem nötige Dampf wird im Kernkraftwerk Beznau dem Dampfkreislauf entzogen. Da er so nicht mehr zur Stromerzeugung zur Verfügung steht, ergibt sich eine elektrische Minderleistung von 6,2 bis 9 MW. Dafür steigt der gesamte Wirkungsgrad der Anlage (Generator- und Wärmeleistung im Verhältnis zur thermischen Reaktorleistung) auf 37 Prozent.

Auch das Kernkraftwerk Gösgen liefert Prozesswärme für zwei Papierfabriken. Mit den so jedes Jahr eingesparten 20 000 Tonnen Heizöl wurden bis heute jährlich über 60 000 Tonnen CO2 und insgesamt weit über eine Million Tonnen CO2 vermieden.