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16.12.1999: Die betriebliche und politische Sicht der Geschäftsleitung

Die betriebliche und politische Sicht der Geschäftsleitung

Hans Achermann, Mitglied der Geschäftsleitung

Oberstes Gebot: Sicherheit!

Die EGL (Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenburg AG) in Laufenburg hat die Geschäftsleitung des Kernkraftwerks Leibstadt inne. Wir sind verantwortlich gegenüber den Eigentümern oder Partnern und der Oeffentlichkeit für eine sorgfältige und sachgerechte Geschäftsführung der Gesellschaft. Dabei steht die Sicherheit im Interesse der Bevölkerung und der Partner an oberster Stelle. Wir nehmen die Sicherheit sehr ernst, und stehen voll hinter den Bemühungen der Betriebsdirektion, den hohen Sicherheitsstandard der letzten 15 Jahre weiterzuführen. Diese ist mit den stetigen Nachrüstungen heute auf einem international sehr hohen Niveau und in der Tat besser als bei der Betriebsaufnahme im Jahre 1984.

Wir sind uns unserer Verantwortung voll bewusst, nicht zuletzt auch deswegen, weil wir unser KKW so lange wie möglich betreiben wollen. Wir wollen kein unsicheres Kraftwerk, das - auch nur im Entferntesten - Anlass zu Stilllegungsüberlegungen bei den Behörden geben könnte. Dafür haben wir im KKL in den letzten 15 Jahren sehr viel investiert. KKL hat z.B. einen Simulator eingerichtet. Dieser Simulator dupliziert den Kommandoraum in jedem Detail. Er ermöglicht es, unser Betriebspersonal kontinuierlich zu schulen und es auf die unwahrscheinlichsten Szenarien vorzubereiten. Der in den letzten 15 Jahren ruhige Betrieb führt also nicht zu einer Vernachlässigung der Sicherheitsaspekte, wir fördern vielmehr mittels des Simulators bewusst die Wachsamkeit und die Reaktionsfähigkeit des Personals. Im Weiteren wurde in sämtlichen schweizerischen Kernkraftwerken - so auch im KKL - ein passiver Filter für den höchst unwahrscheinlichen Fall der kontrollierten Druckentlastung des Containments installiert. Diese Installation ist z.B. in den USA nicht vorgeschrieben. Sie unterstreicht den Standard der schweizerischen Sicherheit.

Zusammenfassend darf ich festhalten: Unsere Anlage ist in einem hervorragenden technischen Zustand und wird von einem erstklassigen Team betrieben.

Zweitoberstes Gebot: Wirtschaftlichkeit!

Im heutigen und zukünftigen Umfeld können nur wirtschaftliche Produktionseinheiten überleben. Deshalb streben wir an - unabhängig von den Bemühungen bei den Fixkosten, die Ihnen von Kollega Dr. Peter Kratz erläutert werden - die beeinflussbaren Kosten auf ein Optimum zu reduzieren. Diverse Effizienzsteigerungsprogramme und stetiges Hinterfragen der bestehenden Prozesse sollen uns dies ermöglichen.
Die Mitarbeiter und ihre Ideen sind dabei unsere wertvollste Ressource. Wir wollen sie durch Motivation anspornen und ihren hohen Ausbildungsstand nutzen. Zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit haben wir auch die neuen Erkenntnisse der heutigen Technik umgesetzt. So haben wir die Leistung des Kraftwerkes um ca. 10% gesteigert. Dies war möglich, indem u.a. Niederdruckturbinen mit erhöhtem Wirkungsgrad eingesetzt und ein neuer Hochdruckteil eingebaut wurden. Diese Nachrüstungen ermöglichen es uns, zusätzliche Energie zu relativ niedrigen Investitionskosten zu produzieren.

Alle unsere Bemühungen beim Personal und bei der Anlage fruchten jedoch nur, wenn die notwendigen Perspektiven für die Kernenergie vorhanden sind. Hier stehen leider die Vorzeichen, insbesondere in der eidgenössischen Politik, recht ungünstig.

Oberstes Hindernis: Die kernenergiefeindliche Politik auf Bundesebene!

Unser Umfeld ist hauptsächlich geprägt durch eine schweizerische Energiepolitik sowie Entscheide unserer politischen Behörden, die dem Volkswillen - ausgedrückt in drei Pro-Atom-Voten in Anti-Atomabstimmungen - widersprechen. Das Volk hat sich weder für den Ausstieg und schon gar nicht für einen geordneten Rückzug aus den bestehenden Kernkraftwerken ausgesprochen.
Blicken wir auf die vergangenen 15 Jahre zurück, so fällt auf, dass KKL für die Bewilligung für eine Leistungserhöhung um knapp 15% sechs volle Jahre warten musste. Da mutet der Bau des KKL, der mit viel Verzögerung und noch mehr Kosteneskalationen in bescheidenen 10 Jahren realisiert und innert einem Jahr in Betrieb genommen werden konnte, unheimlich schnell an. Vorläufige Bilanz: · Planung, Bau und Inbetriebnahme des Werkes: 11 Jahre · Planung, Bau und Inbetriebnahme einer einfachen Leistungssteigerung von 15%: 10 Jahre.

2x Nein für «Moratorium-plus» und «Strom ohne Atom»

Und diese Demokratie lebt! Mindestens bei denjenigen, die bereits zwei neue Anti-Kernenergie-Initiativen eingereicht haben. Bei diesen Initiativen handelt es sich um eine grosse «Mogelpackung», wie sie bereits in ähnlicher Weise in der Abstimmung von 1989 dem Volk präsentiert wurde. Die beiden Initiativen sind unnötig, sie vernichten Kapital, Knowhow und Arbeitsplätze. Ich will nicht im Detail auf diese Initiativen eingehen.

Zur sogenannten Initiative «Moratorium - plus» möchte ich allerdings bemerken, dass sie vorsieht, die Betriebsbewilligung (die heute für KKL unbefristet ist) eines KKW von 40 Jahren einem referendumspflichtigen Bundesbeschluss zu unterziehen. Damit ist bereits eine Lebensdauer stipuliert. Diese ist sehr kurz und widerspricht der wirtschaftlichen und technischen Lebensdauer eines KKW. Sogar die HSK bestätigt, dass aus heutiger Sicht keine sicherheitstechnischen Gründe gegen eine Betriebsdauer von über 60 Jahren bei KKL sprechen.

Dies wird durch die Erfahrungen in den USA bestätigt. Gewisse Betreiber setzen dort auf «schlank getrimmte Kernenergie». Die ersten Bewilligungen (license renewal) für den Betrieb über 40 Jahre hinaus werden demnächst erwartet.

Die zweite Initiative «Strom ohne Atom» ist derart extrem, dass sie unbedingt abgelehnt werden muss. Was KKL betrifft, müsste eine Ausserbetriebnahme nach 30 Betriebsjahren erfolgen, d.h. Ende des Jahres 2014. Dies wäre aktive Kapital- und Arbeitsplatzvernichtung.

4x Nein zu Solar-Initiative, Energie-Umwelt-Initiative, Uebergangsbestimmung/Förderabgabe und Grundnorm

Alle diese neuen Vorschläge sind u.a. auch gegen die Kernenergie gerichtet und verteuern den Strom aus unserem Kraftwerk nochmals stark. Unsere Sparanstrengungen werden dadurch zunichte gemacht. National und international wird unsere Konkurrenzfähigkeit weiter empfindlich geschwächt. Auch auf dem Rücken der Kernkraft wird eine massive Subventions- und Umverteilungswirtschaft angestrengt, just in dem Moment, in dem derselbe Staat mehr Wettbewerb fordert. Wettbewerb fordern heisst auch Wettbewerb fördern!

Die Energiepolitik ist ein wichtiger Teil der Gesamtpolitik eines Landes. Die beiden müssen kompatibel sein und den Grundsätzen, wie sie in der Bundesverfassung stipuliert sind, entsprechen. Aus diesem Grunde müssen wir auch hier ganz klar 4x Nein sagen.

Neues Kernenergiegesetz

Im Jahre 2000 soll ein Entwurf für ein neues Kernenergiegesetz in die Vernehmlassung gehen. Wir hoffen gerne, dass damit ein Gesetz entsteht, das unserer Industrie wieder den Stellenwert zumisst, der ihr gebührt. Es muss hinzugefügt werden, dass dieses Gesetz auch auf die Motivation unserer Mitarbeiter einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss haben wird. Es darf kein «Kernenergieverhinderungsgesetz» werden.

Licht am Horizont!

Es gibt auch positive Nachrichten.
Das neue Parlament dürfte unternehmerischen Entscheidungen und nachhaltigen Energieträgern wie der Kernenergie eher positiv gegenüberstehen. Zudem sind die als parlamentarisch zwar eher bescheidene Mittel bekannten, aber trotzdem nicht unwirksamen Standesinitiativen der Kantone AG und SO hängig. Wir dürfen nach wie vor auf die starke Unterstützung unserer Standortregion zählen und möchten auch an dieser Stelle herzlich dafür danken.

Mit der Inbetriebnahme des ZWILAG im Jahre 2000 erbringt die schweizerische Elektrizitätswirtschaft den Tatbeweis, dass die radioaktiven Abfälle aller Kategorien vorläufig sicher gelagert werden können. KKL hofft, ab ca. Mitte 2000 die ersten aktiven Transporte ins ZWILAG aufnehmen zu können.

Auch am Wellenberg ist ein Endlager für schwach- und kurzlebige radioaktive Abfälle gut vertretbar. Die Geologie ist gut und das angepasste Lagerkonzept 98 wird von der Expertengruppe unter Prof. Wildi auf Ende Jahr 1999 dem Alternativvorschlag der Gegnerorganisationen gegenübergestellt.

In Benken im Zürcher Weinland scheinen die ersten Resultate der Opalinuston-Bohrungen zuversichtlich auszusehen, so dass schliesslich das Projekt Gewähr von der NAGRA in den Jahren 2001/02 auch für den hochaktiven Abfall abschlussreif sein dürfte.

In diesem Zusammenhang darf auch die - wenn auch späte - Wiederaufnahme der Transporte abgebrannter Brennelemente ins Ausland als Positivum gewertet werden.

Kernenergie ist nachhaltig und gut für die Schweiz!

Ich bin überzeugt, dass die Kernenergie eine nachhaltige Energieform ist. Bereits scheint auch die internationale Gemeinschaft zu überlegen, ob Kernenergie ein Vehikel für den sogenannten «Clean development mechanism» werden muss. Namhafte Länder wie Kanada und Japan wollen ihre Kioto Ziele mit Hilfe der Kernenergie erreichen. Die Schweiz darf auf ihre Kernkraftwerke zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung für das globale Klima nicht verzichten.

KKL wird deshalb auch in Zukunft eine grosse Rolle in der Elektrizitätsversorgung unseres Landes spielen. Wir stehen hinter unserem Kraftwerk und werden uns für den weiteren und sicheren Betrieb zum Wohle der Oeffentlichkeit mit aller Entschiedenheit einsetzen.