, zur Startseite

29.06.2004: Zwei Ereignisse auf Stufe 1 der internationalen Störfall-Skala

(kkl) – Beim Anfahren der Anlage nach dem Betriebsunterbruch vom 28./29. Mai 2004 kam es im Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) zu zwei meldepflichtigen Ereignissen, welche nach Vorliegen detaillierter Analysen auf der siebenstufigen internati­onalen Störfall-Skala nun der Stufe 1 zugeordnet wurden. Die Sicher­heit der Bevölkerung, des Per­sonals und der Anlage war nicht beeinträchtigt. Es kam zu keiner un­zulässigen Abgabe radioaktiver Stoffe.

Beim seinerzeit angekündigten Betriebsunterbruch wurde eine Dichtung an einem der beiden Reaktorwasser-Umwälzre­gelventile im nuklearen Teil der Anlage erfolgreich ersetzt. Zwei Probleme traten jedoch beim an­schliessenden Hochfahren des Reaktors mit Abweichungen gegen­über den technischen Betriebsvorschriften auf.
Beim ersten Ereignis wurde die zulässige Aufheizrate des Kühlmittels überschritten. Erste Untersuchungen des Ereignisablaufes zei­gen, dass dies zu keinen Folgeschäden geführt hat. Im zweiten Fall wurde ein System zur Luftspülung innerhalb des Reaktorsicherheitsge­bäudes (Drywell) zu spät abgeschaltet. Dies führte jedoch nicht zu einer un­zulässigen Freisetzung radioaktiver Stoffe. Beide Ereignisse wurden von der Betriebsmannschaft durch richtige Ein­griffe korrigiert, bevor automatische Sicherheitssysteme ansprechen mussten.
KKL leitet in Kenntnis der Umstände geeig­nete Korrektur­massnahmen ein, um eine Wiederholung oder ähnlich gelagerte Ereignisse inskünftig zu vermeiden. Die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) wurde im Rah­men des Meldewesens informiert. KKL ord­nete nach den nun vorliegenden Ab­klärungen die beiden Ereignisse auf der Internatio­nalen Nuklearen Ereignis-Skala INES (siehe Kasten) der Stufe 1 (Anomaler Betriebszu­stand ohne direkte Sicherheitsbedeutung) zu. Die unmittelbar eingeleiteten Analysen zeigen, dass die Ereignisse keinen nachteiligen Einfluss auf den sicheren Weiterbetrieb des Kraftwerks haben.
 
Kasten 1:

Hintergrundinformationen zu den Ereignissen

Technische Details betreffend Aufheizen  des Reaktors

Der physikalische Grund für die Probleme beim Aufheizen des Reaktors liegt im Einsatz mo­derner Brennelemente, die ein gegenüber früher leicht verändertes Reaktorverhalten mit sich bringen. Diese Veränderung kann sich in einem Bereich niedriger Leistung beim Anfahren des Reaktors auswirken. Das Betriebspersonal war mit dieser Charakteristik unzureichend vertraut und verursachte in der Anfahrphase eine zu rasche, aber relativ kleine Zunahme der Reaktor­leistung, die eine zeitweilig zu schnelle Aufheizung des Wassers im Reaktor nach sich zog. Das Personal reduzierte daraufhin die Leistung und unterbrach den Vorgang. Das später wiederholte Anfahren wurde unter Berücksichtigung des Reaktorverhaltens korrekt durchgeführt und verlief vorschriftgemäss.

Technische Details betreffend System zur Luftspülung

Um für das Reparaturpersonal möglichst strahlungsarme Arbeitsbedingungen zu schaffen, wurde bereits während des Abfahrens eine Luftspülung zur Reinigung der Atmosphäre innerhalb des Sicherheitsgebäudes (Drywell) eingeschaltet. Diese Spülung ist gemäss Betriebsvorschrift aber nur bei abgeschaltetem Reaktor zulässig. Der Hinweis auf diese Einschränkung war für das Betriebspersonal nicht eindeutig. Beim Anfahren des Reaktors wurde dieses Lüftungssystem zudem zu spät abgeschaltet. Die techni­sche Betriebsvorschrift verlangt nämlich, dass der Drywell unter Be­triebsbedingungen dicht geschlossen ist.

Kasten 2:

INES-Skala

Die Internationale Störfallbewertungsskala für Kernanlagen (INES) der Internationalen Atomenergieorganisation IAEO wird weltweit angewandt und umfasst sieben Stufen. Je höher die Stufe, desto schwerwiegender der Vorfall. Stufe 1 beschreibt eine Anomalie ausserhalb der vorgeschriebenen Betriebsbedingungen jedoch ohne direkte Sicherheitsbedeutung, Stufe 7 einen schwerwiegenden Unfall mit weitreichenden Folgen für Gesundheit und Umwelt.

INES-Stufe Bedeutung
0Nicht sicherheitsrelevante Vorkommnisse
1Anomalie
2Zwischenfall
3Ernsthafter Zwischenfall
4Unfall mit Folgen hauptsächlich in der Anlage
5Unfall mit Gefährdung der Umgebung
6Ernsthafter Unfall
7Schwerwiegender Unfall

 

Pressestelle: Leo Erne
Telefon: (+41) (0)56 267 71 11
Fax: (+41) (0)56 267 71 00
E-mail