Abfälle
Vier Fünftel aller radioaktiven Abfälle entstehen in den Kernkraftwerken und rund ein Fünftel bei der Anwendung radioaktiver Stoffe in der Medizin (z.B.in der Strahlentherapie), in der Industrie (z.B. bei Leuchtziffern und Rauchmeldern) und in der Forschung (z.B. bei Materialuntersuchungen). Alle anfallenden radioaktiven Abfälle werden sorgfältig in einem Inventar der Nagra registriert. So ist den Behörden genau bekannt, wo sich welche Abfälle befinden und in Zukunft entsorgt werden müssen.
Die radioaktiven Abfälle lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen:
Schwach und mittel radioaktive Abfälle (SMA)
Sie stammen aus Betrieb und Abbruch der Kernkraftwerke sowie aus Medizin, Industrie und Forschung. Die fortan schwach- resp. mittelaktiv genannten Abfälle enthalten nur ein Prozent der Radioaktivität aller Abfälle.
Hoch radioaktive Abfälle (HAA)
Sie setzen sich zusammen aus ausgedienten Brennelementen und dem hoch radioaktiven Abfallglas aus der sogenannten Wiederaufarbeitung (Recycling). Die fortan hochaktiv genannten Abfälle enthalten 99 Prozent der Radioaktivität aller Abfälle.
Kontrollierte Entsorgung
Vorausschauende und kontrollierte Entsorgung: Die Menge und Zusammensetzung der radioaktiven Abfälle aus den Kernkraftwerken sind genau bekannt. (Bild:Nagra)
Stark unterschiedliche Radioaktivität
Zu den beiden Hauptkategorien kommt noch eine geringe Menge von alphatoxischen Abfällen (ATA). Das sind Abfälle, die beim radioaktiven Zerfall eine intensive Alphastrahlung aussenden. Die ATA stammen vor allem aus der Wiederaufarbeitung der ausgedienten Brennelemente und enthalten nur gerade 0,1 Prozent der Radioaktivität aller Abfälle.
Zur Entsorgung dieser Abfälle werden zwei geologische Tiefenlager geplant: eines für hochaktive, langlebige mittelaktive Abfälle und alphatoxische Abfälle sowie eines für die schwach- und mittelaktive Abfälle. Die beiden Lager können sich prinzipiell auch am selben Standort in unterschiedlichen Lagerkavernen befinden (sogenanntes Kombilager).
Hochaktive Abfälle
Die hochaktiven Abfälle machen vom Volumen her zwar nur ca. 10 % aller Abfälle aus, enthalten aber rund 99 % der Radioaktivität.
Volumen | Radioaktivität |
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Quelle: Nagra 2021
Vergleichsweise geringe Gesamtmengen
Im Gegensatz zu vielen anderen Industrien fallen bei der Kernenergie die Abfälle kontrolliert und in fester, konzentrierter Form an. Bei 60 Jahren Strom aus Kernenergie in der Schweiz beträgt der Kernbrennstoffverbrauch pro Kopf ungefähr 500 Gramm. Das entspricht dem Volumen von zwei Zündholzschachteln oder jenem einer Espressotasse und exakt einer Kugel von nur 4,7 Zentimetern Durchmesser. In diesem Material steckt fast die gesamte Radioaktivität.
1 Espresso
pro Kopf in 60 Jahren
Auch die gesamten Abfallmengen aus 60 Jahren Betrieb der Schweizer Kernkraftwerke (einschliesslich des kompletten Rückbaus) und dem Bedarf von Medizin, Industrie und Forschung sind überschaubar. So fasst beispielsweise ein Würfel von rund 20 Metern Seitenlänge sämtliche verglasten hochaktiven Abfälle und alle ausgedienten Brennelemente inklusive des dickwandigen Verpackungsmaterials. Dazu kommt ein Würfel von knapp 40 Metern Seitenlänge mit verpackten, schwach und mittel radioaktiven Abfällen aus dem Kraftwerkbetrieb und dem Rückbau der Kernkraftwerke. Dieser Würfel enthält jedoch nur 1,7 Prozent der Radioaktivität aller Abfälle. Die gesamten Abfälle aller Kernkraftwerke hätten zusammen in der Haupthalle des Bahnhofs Zürich Platz.
Volumina der ausgedienten Brennelemente und verglasten hochaktiven Abfälle
9'400 Kubikmeter
Ausgediente Brennelemente und verglaste hochaktive Abfälle
62'000 Kubikmeter
Schwach- und mittelaktive Abfälle aus dem Betrieb und dem Rückbau der fünf Schweizer Kraftwerke
19'700 Kubikmeter
Schwach- und mittelaktive Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung (bis zum Betriebsende der heute geplanten Tiefenlager)
1'100 Kubikmeter
Alphatoxische Abfälle (ATA). Radioaktive Abfälle mit einem hohen Gehalt an sogenannten Alphastrahlern. ATA entstehen vor allem bei der Wiederaufbereitung von verbrauchten Brennelementen.
Total zirka 92'200 Kubikmeter
Einschluss bis zum Abklingen der Radioaktivität
Sicher eingeschlossen, klingt die Radioaktivität der hochaktiven Abfälle mit der Zeit natürlich ab – zu Beginn sehr stark, später über lange Zeit immer weniger.
Die hochaktiven Abfälle sind nach 1000 Jahren noch etwa 100x giftiger (radiotoxisch) als das Uranerz, aus dem das Natururan gewonnen wurde. Nach 200 000 Jahren sind sie auf das Niveau der Menge Natururan abgesunken, welche für die Herstellung des Brennstoffes verwendet wurde. Radioaktive Abfälle dürfen gemäss unserer Gesetzgebung aber auch nach diesen langen Zeiträumen nicht in unsere Nahrung oder unsere Atemwege gelangen – ebenso wenig wie chemische Giftstoffe, beispielsweise Blei und Quecksilber.
Die schwach- und mittelaktiven Abfälle starten von einem eher tieferen Giftigkeitsniveau aus. Nach rund 30 000 Jahren haben sie die gleiche strahlungsbedingte Giftigkeit (Radiotoxizität) wie Granitgestein.
Das Lagerkonzept der Nagra berücksichtigt all dies. In der Schweiz sollen alle Arten von radioaktiven Abfällen tief unter dem Erdboden in einem geeigneten Wirtsgestein gelagert werden. Sie werden weit über das Abklingen ihrer Radioaktivität hinaus vom Lebensraum der Menschen, Tieren und Pflanzen fern gehalten.
Abnahme Radioaktivität HAA
Bis die ausgedienten Brennelemente im geologischen Tiefenlager eingelagert werden, hat ihre Aktivität schon stark abgenommen.
Abklingkurve HAA ab 2050
Auch nach der Einlagerung nimmt die Radioaktivät der hochaktiven Abfälle rasch weiter ab.