19.08.1999: Erfolgreicher Betrieb mit höherer Leistung
Erfolgreicher Betrieb mit höherer Leistung
Regionales Mediengespräch vom 19. August 1999
Mario Schönenberger, Betriebsdirektor
Das Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) in der 15. Jahresrevision
Erfolgreicher Betrieb mit höherer Leistung
Der 15. Betriebszyklus des Kernkraftwerks Leibstadt (KKL) dauerte vom 26. August 1998 bis zum 7. August 1999. Während dieser Zeit war die Anlage 8303 Stunden am Netz, davon 344,7 Tage ohne Unterbruch, und produzierte 8342 Millionen Kilowattstunden (kWh) Elektrizität für ihre elf Partnergesellschaften. Die Produktion verteilte sich zu 56,3% auf die sechs Wintermonate (Oktober bis März) und zu 43,7% auf die Sommermonate.
Rückblick auf den Betriebszyklus 1998/1999
Zuverlässigkeit und hohe Produktion kennzeichneten das Kraftwerk Leibstadt in den letzten 12 Monaten seit dem Wiederanfahren am 26. August 1998 bis zum geplanten Abfahren zur Jahresrevision 1999 am 7. August 1999. In dieser Zeit war das Kraftwerk 344,7 Tage ohne Unterbruch am Netz und erzeugte 8345 Millionen Kilowattstunden Strom, entsprechend ca. 15% der im selben Zeitraum in der Schweiz erzeugten Elektrizität. Beide Werte sind Bestmarken, denn sie übertreffen die Rekordwerte des Vorjahres um 11 Tage bzw. 530 Millionen Kilowattstunden.
Die hohe Verfügbarkeit, herrührend von einem Betrieb ohne Störungen, ist ein Gradmesser für den guten Zustand der Anlage dank einer zuverlässigen Technik, fachkundiger Instandhaltung und einer sorgfältigen Betriebsführung.
Die bedeutende Produktionssteigerung wurde möglich durch die eingeleitete Leistungserhöhung. Am 28. Oktober 1998 bewilligte der Bundesrat das im Juli 1992 eingereichte Gesuch zur Erhöhung der thermischen Leistung des Reaktors von 3188 MW auf 3600 MW (+14,7%). Er verfügte, dass die Leistung in drei Stufen auf 106%, 109% und 112% erfolgen soll. Am 29. Oktober 1998 erteilte die HSK die Freigabe für den Betrieb auf der ersten Stufe und am 31. Oktober 1998 um 11.00 Uhr wurde die neue Leistung von 106% entsprechend 1080 MW (netto) erreicht. Im Februar 1999 wurde die Anlage in einem Probebetrieb auf der nächsten Stufe der Leistungserhöhung, auf 109%, gefahren. Diese Zeit wurde genutzt, um das Anlageverhalten zu überprüfen, um rechtzeitig vor der Jahreshauptrevision allfällige Schwachstellen zu erkennen und entsprechende Massnahmen noch vorzubereiten. Die Resultate entsprachen den Vorausberechnungen; es müssen keine Verbesserungen für den Betrieb mit 109%-Reaktorleistung vorgesehen werden.
Während des Zyklus wurden sechs Lastreduktion planmässig vorgenommen, um die Position der Steuerstäbe anzupassen. Eine weitere Lastreduktion wurde durch einen Test ausgelöst und ein weiteres Mal wurde die Last reduziert, um eine Armatur in der Nähe der Dampfleitungen auszuwechseln.
Seit dem 20. April 1999 nahm die Leistung des Kerns entsprechend seiner Auslegung um 0,3%/Tag ab. Die verminderte Leistung des Kraftwerks fiel mit der Zeit der grossen Niederschläge und der entsprechend grossen Produktion von Elektrizität in Wasserkraftwerken zusammen. Dass die Energie in diesem Sommer reichlich vorhanden war, zeigte auch die Anordnung der Netzleitstelle, die Last über das Pfingstwochenende auf 800 WM abzusenken. Die Leistung an der Klemme des Kraftwerkes betrug im Moment des Abfahrens noch 700 MW.
Die radioaktiven Abgaben lagen wie alle früheren Jahre weit unterhalb der behördlich vorgegebenen Abgabelimiten. Auch die Kollektivdosis für das Eigen- und Fremdpersonal erreichte nur etwa einen Viertel des zulässigen oberen Richtwerts. Die Werte manifestieren den verantwortungsvollen Umgang des Werk mit der Radioaktivität und das Bestreben, die Belastung der Umwelt und des Personals so gering wie möglich zu halten.
Auch in einem störungsarmen Betrieb gibt es Vorkommnisse, welche der Aufsichtsbehörde gemeldet werden müssen und entsprechend in den Jahresberichten veröffentlicht werden. KLL war 1998 von sieben Vorkommnissen während des Betriebes und von einem bei abgestelltem Reaktor betroffen, wobei sich keines auf die Umgebung oder die Produktion auswirkte, sondern nur interne Aktionen (z.B. Reparaturen) auslöste.
Jahresrevision 1999
In diesem Jahr sind für die Revision 26 Tage eingeplant. Sie begann mit einem Test mit der Turbine. Der Generator wurde am 7. August 1999 um 20.00 Uhr vom Netz getrennt. Der Netzplan der Arbeiten zeigt, dass dieses Jahr keine Besonderheiten vorgesehen sind. Die Revision umfasst (nicht abschliessend): - den Austausch von Brennelementen, - die visuellen Inspektionen des Druckgefässes und seiner Einbauten, - die Überprüfung von Schweissnähten im Rahmen eines mit der Aufsichtsbehörde abgesprochenen 10-Jahres-Programmes, - die Revision von Sicherheitssystemen, - die Instandhaltung der Turbinen- und Generatoranlage und - die Überprüfung der Lüftungssysteme Nach fünf Jahren wird in diesem Jahr wieder die Dichtheit des Containment (umhüllender Stahlzylinder innerhalb des Reaktorgebäudes) überprüft (siehe nachstehenden Abschnitt).
Nach umfangreichen Inbetriebsetzungsarbeiten und nach der Abarbeitung eines umfassenden Testprogramms wird die Anlage zum Anfahren bereit sein. Die Aufsichtsbehörde wird die Arbeiten und den Zustand der Anlage beurteilen und bei gutem Befund die Freigabe zum Betrieb geben. Mit der Zuschaltung des Generators auf das Netz wird die Revision anfangs September abgeschlossen sein.
Dank der Umsetzung der Erfahrungen aus vorangehenden Revisionen, des Einsatzes einer erfahrenen Mannschaft und dank der abnehmenden Zahl von Vorhaben gelingt es, die Zeit für die Revisionsarbeiten immer mehr zu verkürzen. In KKL laufen Untersuchungen, die heutigen Planzeiten von 24 bis 26 Tagen nochmals zu straffen und Zeiten von 20 bis 22 Tagen anzustreben. Die hohe Verfügbarkeit und der anerkannt gute Sicherheitstand bleiben dabei das Ziel aller Anstrengungen auch bei einer weiteren Verkürzung der Revisionszeiten. Es wird jedoch erwartet, dass mit kürzeren Revisionen Kollektivdosis und Kosten gespart werden können.
Material- und Dichtheitsprüfungen an Sicherheitssystemen
Zwei wichtige Sicherheitsbarrierren, an welchen 1999 umfangreiche Arbeiten durchgeführt werden, sind der Reaktorkreislauf (Reaktordruckbehälter mit den angeschlossenen Rohrleitungen) und der Sicherheitsbehälter (oder Containment).
Reaktorkühlkreislauf
Die Integrität und Dichtheit des Reaktorkühlkreislaufes wird durch Druckprüfungen und zerstörungsfreie Werkstoffprüfungen überwacht. Der Umfang der zerstörungsfreien Werkstoffprüfungen wird in von den Behörden (HSK/SVTI) erlassenen Festlegungen definiert, die sich am internationalen Stand der Technik orientieren und von Fall zu Fall durch Erfahrung im eigenen oder ähnlichen Werken ergänzt werden. Um die Arbeiten effizient durchzuführen und die Ergebnisse analysieren zu können, werden automatische Prüfeinrichtungen mit EDV-gestützter Datenerfassung angewendet. Ein Ultraschallverfahren wird eingesetzt zum Auffinden und zum Bestimmen der Abmessungen von Anzeigen an der inneren Oberfläche oder innerhalb der Wandung.
1999 konzentrieren sich die Prüfungen im KKL auf Einschweissnähte der RDB-Stutzen und die Stutzeninnenkanten. Es wird mit einer Mannschaft von 24 Leuten in drei Schichten rund um die Uhr gearbeitet und über 13 Tage intensiv geprüft. Insgesamt werden 26 Stutzen untersucht. Die Arbeit und deren Ergebnisse werden durch Experten des KKL, des SVTI und der HSK begutachtet.
Diese Prüfungen bilden eine der Massnahmen zur Gewährleistung der Dichtheit und Integrität des Reaktorkühlkreislaufes. Sie liefern somit ihren Beitrag zur Anlagensicherheit.
Sicherheitsbehälter (Containment)
Jährlich werden Dichtheitsprüfungen an Armaturen und Schleusen ausgeführt, welche einen Teil der druckführenden Umschliessung des Sicherheitsbehälters bilden. Alle vier bis fünf Jahre wird eine integrale Dichtheitsprüfung des gesamten Sicherheitsbehälters inklusive Durchführungen, Schleusen und Isolationsarmaturen durchgeführt. Diese Prüfung erfolgt auch 1999. Das gesamte Volumen von ca. 44'000 m3 wird mit Kompressoren auf einen Überdruck von 0.68 bar gebracht. Durch präzise Messung von Druck, Temperatur und Feuchte über eine Periode von mehreren Stunden kann die Leckrate des Containments sehr genau bestimmt werden. Die Arbeiten dauern insgesamt zwei Tage, sind auf dem kritischen Terminpfad und beeinflussen somit die Revisionsdauer.
Kern und Brennelemente
In der Vorankündigung zur Revision wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund von Anzeigen im Reaktorwasser mit einem kleinen Schaden an einem Brennelement gerechnet werden muss. Nach dem Abkühlen wurde der Reaktor geöffnet und die Brennelemente auf Dichtheit geprüft. Ein Brennelement mit einer Einsatzzeit von fünf Jahren wurde als undicht identifiziert und ausgeladen. Es wird später einer vertieften Inspektion unterzogen.
Vor zwei Jahren stand KKL in den Schlagzeilen betreffend erhöhter Korrosion auf den Brennelementen. Vor einem Jahr wurde bereits auf den Erfolg der Massnahmen im Bereich der Wasserchemie hingewiesen. Die Brennelement-Inspektionen in dieser Revisionen bestätigen den guten Befund des letzten Jahres. Damit kann gesagt werden, dass die Korrosion der Elemente wieder beherrscht wird.
Der Brennelementwechsel ist noch im Gang. 136 der 648 Elemente werden durch neue ersetzt, zudem werden 56 aus früheren Zyklen wieder eingesetzt. Damit erhält der Kern genügend Energie, um den ununterbrochen Betrieb bis August 2000 sicherzustellen.
Nächster Zyklus und weiteres Vorgehen zur Leistungserhöhung
Nach dem Wiederanfahren der Anlage anfangs September werden auf der neuen Leistungsstufe von 109 % umfangreiche, mit der Aufsichtsbehörde abgesprochene Tests ausgeführt. Damit kann das korrekte Verhalten der Anlage bis zur maximalen Leistung von 112 % nachgewiesen werden.
Anschliessend wird auf der Stufe von 109 % (3420 MWth) während sechs Monaten produziert. Störungsarmen Betrieb vorausgesetzt, kann die Leistung im März 2000 auf 112% (3515 MWth) oder 1140 MW elektrisch erhöht werden.
In der Verfügung des Bundesrates ist eine Reaktorleistung von maximal 3600 MW freigegeben. Momentan ist das Schluckvermögen der Turbine aber noch nicht ausreichend. Es wird deshalb abgeklärt, wie gross der technische und finanzielle Aufwand wäre, die Turbine und weitere Systeme des Wasser-Dampfkreislaufes entsprechend anzupassen.
Der nächste Zyklus wird Anfang August 2000 abgeschlossen. Die anschliessende Revision wird bezüglich Dauer und Umfang der diesjährigen ähnlich sein.
KKL als Arbeitgeber
KKL beschäftigt inklusive Teilzeitmitarbeiter (Stand per 31.7.99) 441 Personen, 61 Frauen und 380 Männer; darunter auch 67 Grenzgänger aus dem grenznahen Gebiet. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter beträgt 45 Jahre und die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit ist 12 Jahre. Der finanzielle Aufwand für das Personal beläuft sich auf rund 50 Mio. Franken. KKL ist für viele Menschen der Umgebung ein guter und verlässlicher Arbeitgeber, der für verschiedenste Berufsgattungen interessante Aufgaben bieten kann.
Für die Revision hat KKL mit rund 100 Firmen Verträge abgeschlossen. Diese Firmen bringen weitere ca. 700 Personen in das Werk. Ihre Einsatzdauer bewegt sich zwischen einigen Tagen bis zu drei Wochen. Die Kosten und damit Geld, das in die Wirtschaft fliesst, betragen für Fremdleitungen und Material ungefähr 15 Mio. Franken.
Zunehmend werden auch wichtige Arbeiten während des Jahres, ausserhalb der Revision durchgeführt. Das zeigt sich im Betrag von weiteren 30 Mio. Franken für Material und Fremdleistungen, die Brennstoffkosten nicht eingerechnet.
Damit zeigt sich: KKL ist auch nach den Phasen der Erstellung, der Nachrüstungen und der Erweiterungen immer noch ein bedeutenden Wirtschaftsfaktor für die Region und über sie hinaus.