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20.08.2004: Umfassende Revision als Fitnessprogramm mit Blick auf einen langfristigen Betrieb

Regionales Mediengespräch 20. August 2004
Mario Schönenberger, Kraftwerksleiter

Vorbemerkung: Kernkraftwerke warten zweimal im Jahr mit Zahlen auf; am Ende des Geschäftsjahres (bei KKL identisch mit dem Kalenderjahr) und am Ende eines Betriebszyklus. Indikatoren wie Arbeits- und Zeitverfügbarkeit oder Arbeitsausnutzung liegen in der Jahresbilanz tiefer, weil sich die Revisionspause dort niederschlägt. Im folgenden Text ist von Zykluszahlen (August 2003 bis August 2004) die Rede.

Kernkraftwerk Leibstadt (KKL):

Umfassende Revision als Fitnessprogramm mit Blick auf einen langfristigen Betrieb

Die "Mission" des Kernkraftwerks Leibstadt (KKL) geht von einem Betrieb bis mindestens zum Jahre 2045 aus. Die alljährlichen Stillstände zur Sommerszeit sind im vollen Umfang ausgerichtet auf den Erhalt der Lebenstüchtigkeit und der Sicherheit der Anlage. Alle zehn Jahre fällt das Programm noch umfassender aus. Der Betriebsunterbruch 2004 dauert rund 35 Tage bis gegen Mitte September.

Rückblick auf die jüngste Betriebsphase

Der 20. Betriebszyklus des Kernkraftwerks Leibstadt dauerte 349 Tage, vom 25. August 2003 bis zum 7. August 2004  (Zyklus 2002/2003: 347 Tage). Das Verhalten der Anlage war wiederum geprägt von Sicherheit und Zuverlässigkeit.

  • Die Produktion belief sich netto auf 9.446 Milliarden Kilowattstunden (9.479); dies bei 8'308 Betriebsstunden (8'330). Der Störanteil gemessen an den Volllaststunden betrug 1.26 % (0.03).
  • Vom Betrieb auf voller Last ging die Anlage wie vorausberechnet am 15. Juli 2004 zum Streckbetrieb mit täglich leicht sinkender Leistung (minus 0,3 %) über. Am Zyklusende lag die Leistung noch bei 1070 Megawatt (MW) netto.
  • In die Berichtsperiode fallen zwei Betriebsunterbrüche. Am 31. August 2003 wurde die Anlage abgefahren zur Behebung einer Undichtheit im Steuerluftsystem. Am 28./29. Mai 2004 diente der Stillstand dem Austausch einer Dichtung an einem der beiden Reaktorwasser-Umwälzregelventile; ebenfalls im nuklearen Teil des Kraftwerks.
  • Der Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) waren sechs klassierte Vorkommnisse (letzter Zyklus fünf) zu melden. Die zwei Ereignisse beim Anfahren nach dem Betriebsunterbruch vom 28./29. Mai 2004 wurden durch die HSK nach Vorliegen detaillierter Analysen auf der siebenstufigen internationalen Störfall-Skala INES der Stufe 1 zugeordnet (siehe KKL-Medienmitteilung vom 29. Juni 2004).
  • Acht Lastabsenkungen wurden angesetzt, um die Position der Steuerstäbe anzupassen oder für den Test von Isolationsventilen in den Dampfleitungen zwischen Reaktor und Turbine. Zwei automatische Lastabsenkungen um rund 100 respektive 140 Megawatt traten am 28. September 2003 aufgrund des Blackouts in Italien sowie wegen des Ausfalls eines Elektronikschrankes des Turbinenregelsystems am 25. Februar 2004 ein. Eine weitere Lastabsenkung auf rund 650 MW wurde am 6. Dezember 2003 angesetzt für die Reparatur einer Speisewasserpumpe. Weitere kleine Lastabsenkungen erfolgten in den Monaten Juni und Juli 2004 aufgrund der hohen Kühlwassertemperaturen an heissen Tagen.
  • Seit Jahresbeginn (siehe Monatsbericht der Werke im SVA-Bulletin Januar 2004) wiesen leicht erhöhte Aktivitätswerte (Edelgase in der Abgasanlage) auf einen Brennstab-Hüllrohrdefekt hin. Die Brennstoff-Inspektion mit  erstmaligen Einsatz des sogenannten Teleskopsippings zu Beginn der Jahresrevision bestätigte den Befund eines defekten Brennstabes (letzter Zyklus 0).
  • Im Januar 2004 wurde der fünfte Behälter mit 97 ausgedienten Brennelementen ins Zwischenlager nach Würenlingen transportiert. Die HSK bestätigte als Aufsichtsbehörde die korrekte Durchführung des Transportes unter Einhaltung der sicherheits- und strahlenschutztechnischen Vorschriften.
  • Umfassende Programme zum Erhalt und zur Steigerung der Sicherheitskultur bestimmten die Agenda ebenso wie die Arbeiten am Qualitätsmanagementsystem (TQM). Vom 21. bis 23. Juni 2004 fand im KKL ein erfolgreiches Audit mit anschliessender Zertifizierung durch die SQS (Schweizerische Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme, Zollikofen) statt.

Jahresrevision: Prüfung auf Herz und Nieren

Der Stillstand, traditionell zur Sommerszeit, dauert nach aktueller Planung 35 Tage (Vorjahr 22.2). Turnusgemäss ist nach zehn Jahren eine «Langrevision» im Gang. Der Generator wurde am 7. August 2004, 20.00 Uhr, vom Netz getrennt. Am 12. September 2004 soll KKL wieder CO2-freien Strom ins Netz einspeisen. Wie immer nehmen viele routinemässige Aktivitäten in Zusammenhang mit Wartung und Inspektionen eine zentrale Stellung ein.

Im nuklearen Teil ragen folgende Arbeiten heraus: Öffnen des Reaktordruckgefässes, visuelle Inspektionen der Einbauten des Reaktors, Brennelementwechsel mit dem Ersatz von 124 der 648 Brennelemente, Austausch von 28 der 149 Steuerstäbe und ihren Antrieben, Überprüfung durch die IAEA, Zusammenbau des Reaktors, Füllen der  Systeme und die Tests zum Wiederanfahren.

Die rund 1200 zusätzlich Beschäftigten aus 110 in- und ausländischen Firmen stehen zusammen mit den rund 440 KKL-Mitarbeitenden für verschiedene Sondervorhaben im Einsatz; als Beispiele: Ultraschallprüfungen an einer grossen Zahl von Schweissnähten an Rohrleitungen und am Reaktordruckgefäss, Druckprüfung am Reaktordruckgefäss bei 107.7 bar, Dekontamination einer Reaktorumwälzschleife, Inspektion einer Niederdruckturbine und Austausch des Generator-Rotors.

Die HSK begleitet die Arbeiten, beurteilt die Ergebnisse und erteilt die Freigabe für das Wiederanfahren gegen Ende der Revision, wenn sie sich vom guten Zustand der Anlage und der Gewähr der Sicherheit für den nächsten Zyklus überzeugt hat.

Für Fremdleistungen und Material sind Aufwendungen von rund 23.3 Mio. Franken (Vorjahr 16.5 Mio. CHF) budgetiert.

Der Alterung gezielt vorbeugen

Im Zeichen von Werterhalt steht ein weiteres Projekt. Von weit wahrnehmbar ist die Fassadenerneuerung. Im Zeitraum April bis November 2004 werden mit einem Gesamtaufwand von rund sechs Mio. CHF die Aussenhüllen und Dächer wo nötig nachgebessert und frisch gestrichen respektive mit einem Korrosionsschutz versehen. «Blau» gehört bald der Vergangenheit an; KKL kommt künftig «lindengrün» und «grau» daher. Die Südseite des Maschinenhauses wird mit einem roten «Farbtupfer» aufgelockert. Von den Arbeiten nicht betroffen ist das Kühlturmäussere.

Blick in die Zukunft

Der  21. Zyklus dauert bis anfangs August 2005. In diesem Zeitraum steuert KKL auf einen Meilenstein zu. Am 15. Dezember 1984, vor 20 Jahren also, nahm das Werk den kommerziellen Dauerbetrieb auf.

Die kantonale Konzession für die Entnahme von Wasser aus dem Rhein läuft am 31. Dezember 2004 aus. Neben einer neuen Wasserentnahmekonzession benötigt KKL auch eine Bewilligung für die Entnahme von Kühlwasser nach dem Bundesgesetz über die Fischerei und eine Bewilligung für die Einleitung von Kühlwasser nach dem Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer. Zuständig für die Erteilung der letzteren Bewilligungen ist der Bundesrat.

Am 31. Oktober 2003 hat KKL die notwendigen Gesuche eingereicht. Die Entnahmeleistung von Rheinwasser soll unverändert 3.5 Kubikmeter pro Sekunde (entsprechend 210'000 Liter pro Minute) betragen.

Vom 20. Januar bis 18. Februar 2004 wurden die Gesuche bei der Staatskanzlei des Kantons Aargau, bei der Gemeindeverwaltung Leibstadt respektive beim Bundesamt für Energie in Bern öffentlich aufgelegt. Eine Person hat Einsprache erhoben. Sie bemängelt, dass die Einleitung von erwärmten Wasser die Temperatur des Rheins erhöhe und die Fische und die übrige Flussfauna gefährde. Der Bundesrat wird voraussichtlich im Oktober 2004 über das Gesuch und die Einsprache entscheiden.

Internationalen Besuch erhält KKL im Januar 2005. Im Rahmen eines sogenannten Peer-Review wirft ein Team der WANO (World Association of Nuclear Operators), bestehend aus zwanzig internationalen Experten, den KKL-Mitarbeitenden einen Blick über die Schultern. Für das Werk bietet sich dadurch die Gelegenheit, sich einem Vergleich mit internationalen Standards zu stellen.

Korrespondenzadresse:

Leo Erne
Leiter Information
Kernkraftwerk Leibstadt
Tel. 056 267 71 11
Fax 056 267 71 00
E-Mail

Kasten zum Referat von Mario Schönenberger, Kraftwerksleiter

KKL auch wirtschaftlich auf Kurs

Die Auswirkungen des sicheren Betriebs, der Leistungsstärke und der Zuverlässigkeit auf die Gestehungskosten bleiben nicht aus. Die sieben am KKL beteiligten Partnerfirmen zahlten im Jahre 2003 für «Strom aus Leibstadt» 5.33 Rp. pro kWh (Vorjahr 5.37).  Die Zusammensetzung der Kosten: 1.29 Rp. Brennstoffkosten (Versorgung, Wiederaufbereitung, Rückstellung für Endlagerung), 1.30 Rp. Kapitalkosten, 1.26 Rp. Betriebskosten, 1.48 Rp. Abschreibungen. Für 2004 sind Gestehungskosten von 5.39 Rp./kWh budgetiert; die leichte Zunahme liegt in der Vielzahl von Projekten und der verlängerten Revision begründet. Das Ziel liegt bei 5 Rp./kWh ab dem Jahre 2005.

Dank Abnahme der Schulden, Reduktion der Zinsen und sinkendem Abschreibungsbedarf verbessert sich die Situation für KKL laufend. Bei gleichzeitig stetig hoher Produktion haben die Stromgestehungskosten  ein konkurrenzfähiges Niveau erreicht.

Die ursprünglichen Fremdgeldlasten von 4.9 Mrd. CHF bei der Betriebsaufnahme konnten innerhalb von 19 Jahren auf 0.95 Mrd. CHF abgebaut werden. Die bis Ende 2003 gebildeten Rückstellungen belaufen sich auf 1.41 Mrd. CHF für die Stilllegung und für die nukleare Entsorgung.

Grosse Beträge wurden auch 2003 an die öffentliche Hand entrichtet: Steuern Kanton und Gemeinde 4.9 Mio. Franken, Steuern Bund 1.8 Mio. Franken, Gebühren Kanton und Gemeinde 4.4 Mio. Franken und Gebühren Bund 5.1 Mio. Franken.

Radiologisch einwandfreie Bilanz

Die radioaktiven Abgaben lagen im Jahre 2003 fortgesetzt deutlich unter den behördlich vorgegebenen Grenzwerten, sowohl für den Luft- wie für den Wasserpfad. Die Belastung der Bevölkerung im Einzugsgebiet bewegte sich damit innerhalb der Schwankungsbreite der natürlichen Umgebungsstrahlung.

Die Kollektivdosis für das eingesetzte Personal erreichte im Jahr 2003 einen Wert von 0.872 (Vorjahr 0.443) Sievert (Sv).  Die Kollektivdosis ist stark abhängig von der Revisionsdauer sowie von Art und Umfang der Arbeiten.
 
Tiefe Fluktuation, treue Mitarbeitende

Der Sollbestand liegt bei 405 Vollzeitstellen; aktuell beschäftigt KKL 440 Personen. Die Fluktuationsrate betrug im letzten Jahr ein Prozent. Beim Betriebspersonal sind alle Vakanzen besetzt.

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Leo Erne
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